Gesundheitspolitik 2017-

Jens Spahn ist der neue Bundesgesundheitsminister seit dem Frühjar 2018. Im Koalitionsvertrag der neuen (dritten) Großen Koalition haben sich die drei politischen Parteien (CDU, CSU und SPD) unter der Rubrik „Gesundheit und Pflege“ (Koalitionsvertrag 2018: 95ff.) auf zahlreiche Inhalte zur Reform des deutschen Gesundheitssystems geeinigt. Besonders bemerkenswert ist die recht schnelle (Wieder-)Besetzung des Amt des Pflegebevolmächtigten zum 15. April 2018, lt. Kabinettsbeschluss vom 21. März 2018. Andreas Westerfellhaus folgt damit dem vorherigen Beauftragten für die Belange der Patientinnen und Patienten, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, der mit Beschluss vom 08. Januar 2014 ebenfalls als Pflegebevollmächtiger der Bundesregierung fungierte.

Zuerst genannt wird die Sicherstellung einer „gute(n) und verlässliche(n) Pflege“ (ebd.: 96) im Bereich der Langzeit-Pflegeversorgung. Perspektivisch soll über die Einrichtung einer „Bund-Länder-Arbeitsgruppe“ (97) die sektorenübergreifende Versorgung ausgebaut und verstärkt werden. Hier bahnt sich mit der parallelen Einrichtung einer „telematischen Infrastruktur bis 2020“ eine große Reformbaustelle an. Zudem soll die ambulante Versorgung mit Gesundheitsdiensten sowohl hinsichtlich der Versorgung mit ärztlichen Dienstleistungen als auch weiteren nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen sowie der Arzneimittelversorgung über lokale Apotheken gestärkt werden. Weitere Großbaustellen sind die Reform des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, die Beschleunigung von Zulassungsverfahren durch den Gemeinsamen Bundesausschuss und die Reform der beiden Vergütungssysteme für vertragsärztliche (Einheitlicher Bewertungsmaßstab, EBM) bzw. privatärztliche Leistungen (Gebührendordnung für Ärzte, GoÄ).

Die Erhöhung der Finanzmittel für den Strukturfonds der Kassenärztlichen Leistungen sowie des Innovationsfonds und der Erhöhung der Festzuschüsse für Zahnersatz, aber auch die „Kostenübernahme für die Koordinierung von Hospiz- und Palliativversorgungsnetzwerken“ (98) wird den finanziellen Einsatz für eine verbesserte Versorgung erhöhen. Im Bereich der Versorgung mit Krankenhausleistungen sticht im Koalitionsvertrag die Zielsetzung heraus, die Pflegepersonalkosten von der Krankenhausvergütung zu entkoppeln und hiermit den krankenhausindividuellen Pflegepersonalbedarf zu berücksichtigen. Die avisierte Bereinigung der „DRG-Berechnungen […] um die Pflegepersonalkosten“ (99) wird im Detail zeigen müssen, wieviel Geld wirklich mehr in die Krankenhauspflege fließt. Der in der vorangegangenen Regierungsperiode eingeführte Strukturfonds – dessen zielgerechte Umsetzung fehlerhaft war – soll um Mittel von 1 Mrd. Euro / Jahr in dieser Legislaturperiode verlängert werden und zur Umstrukturierung der Krankenhäuser beitragen. Ebenfalls soll die Offensive für Qualitätssicherung in Krankenhäusern fortgesetzt werden, indem Grund- und Regelversorgung mit Zentren für schwerwiegende, komplexe und seltene Erkrankungen stärker vernetzt sollen, auch unter Einbezug „ambulante(r) Schwerpunktpraxen“ (99).

Hinsichtlich der gesetzlichen Maßnahmen bezüglich von Gesundheitsberufen zielt die Bundesregierung auf eine Reform des Medizinstudiums („Masterplan Medizinstudium 2020“), aber auch auf die Schließung von Lücken in der Weiterbildung der Allgemeinmedizin und dem Angebot von neuen Unterrichtskonzepten im Medizinstudium zu „Schwerpunkt- bzw. Vertiefungsprogrammen“ (100), die die ärztliche Tätigkeit im ländlichen Raum stärken sollen. Angekündigt wird zudem, die Modellprojekte von Heilberufen, auch zur Übernahme von Verantwortung von ärztlichen zu nicht-ärztlichen Berufsgruppen, bei der neu zu gestaltenden Aufgabenverteilung der Gesundheitsberufe zu beachten. Heilpraktiker werden im Hinblick auf die Gewährleistung von Patientensicherheit überprüft werden.

Auf dem Feld der Prävention soll die „Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und die Prävention in allen Lebensbereichen“ (101) deutlich gestärkt werden. Hierzu soll auch die Einrichtung eines „Nationalen Gesundheitsportals“ (101) dienen. Schwerpunkt der präventivpolitischen Strategie ist die Prävention von chronischen Erkrankungen, besonders der Vermeidung und der Reduktion bei „Übergewicht (SIC!) vor allem bei Kindern und Jugendlichen“, aber auch Drogenmissbrauch und Alkohol- und Tabakkonsum „bekämpfen“ (SIC!), wobei das „Wohl der Kinder von Suchtkranken“ ein besonderes Anleigen sei. Darüber hinaus sollen Patientenrechte gestärkt, Impfraten erhöht und der Antibiotikaverbrauch reduziert werden.

E-Health und die Gesundheitswirtschaft sollen vor allem über die Einrichtung einer telemedizinischen Infrastruktur, der Förderung von E-Health-Leistungen und der Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit gestaltet werden. Neben dem unspezifischen Lippenbekenntnis zu „Globaler Gesundheit“ (102) zielen die avisierten Maßnahmen im Koalitionsvertrag zur Reform der Finanzierung des Gesundheitssystems zum einen auf die Wiederherstellung der (vollständigen) paritätischen Finanzierung – bei weiterhin möglichen differenzierten Zusatzbeiträgen. Zum anderen soll die Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs eine „Manipulation“ (102)  seiner Finanzzuweisungsmechanismen verhindern, wozu ein Gutachten des Expertenbereites beim Bundesversicherungsamt beauftragt werden wird.