‚Social Embeddedness‘ Revisited: eine staatstheoretische Reformulierung des HCS-Konzeptes

Die zentrale gesellschaftstheoretische Idee des HCS von Michael Moran besteht – wie voranstehend dargestellt – in der „sozialen Einbettung“ seiner Institutionen – und Organisationen, wie man hinzufügen muss – in die weitere Gesellschaft und dabei den weiteren Staat. Michael Moran (1999) sieht dabei die historisch herausgebildeten Dimensionen des kapitalistischen, demokratischen und wohlfahrtsbezogenen Staates als zentrale gesellschaftliche Entwicklungskontexte der Evolution des HCS. Ich habe bereits im vorangegangenen Abschnitt darauf hingewiesen, dass aus gesundheitspolitischer Perspektive nicht nur ein weitere Subpolitikbereich ergänzt werden muss („Governance of Public Health“), sondern zudem in der staatstheoretischen Begründung bei Moran (1999) ein entscheidender Aspekt des Staates fehlt: der der Herrschaft und Kontrolle seiner ‚Bürger‘.

In diesem Abschnitt möchte ich diese bislang als Ad-Hoc-Entscheidung interpretierbare analytische Erweiterung mit einer staatstheoretischen bzw. gesellschaftstheoretischen Begründung rechtfertigen. Hierbei werde ich mich auf den strategisch-relationalen Ansatz (SRA) des britischen Soziologen Bob Jessop und des britischen Politikwissenschaftlers Colin Hay stützen, die wesentliche Beiträge zum Verständnis staatsvermittelndem politischen, ökonomischen und sozialen Wandels beigetragen haben (Jessop 1990, 2002, 2008, 2016; Jessop/Sum 2006; Hay 1996, 1999, 2001, 2002). Meine These ist, dass erstens der HCS-Ansatz mit den staatstheoretischen Konzepten und Elementen des SRA nicht nur kohärent ist und damit ein theoretisches Fundament des HCS-Konzeptes bilden kann, sondern dass – zweitens – vermittels des SRA-Konzeptes eine analytisch hilfreiche und vorwärtsweisende Konzeptualisierung der „gesellschaftlichen Entwicklungskontexte“ möglich wird, die eine Periodisierung und Integration des HCS-Konzeptes in einen gesellschaftstheoretischen Analyserahmen ermöglicht und die derzeitigen Transformationsprozesse in Gesundheitssystemen der OECD-Welt in Richtung auf eine divergente Konvergenz verständlich macht, indem auf eine gemeinsame Transformation der OECD-Gesundheitssysteme von einer fordistischen zu einer – noch inhaltlich genauer zu bestimmenden – postfordistischen Phase hingewiesen wird. Im Folgenden gilt es zunächst, den strategisch-relationalen staatstheoretischen Ansatz von Jessop/Hay (auch: Hay/Jessop 1995) darzustellen und für eine konzeptionelle und analytische Erweiterung des HCS-Ansatzes fruchtbar zu machen.

 

EINE STRATEGISCH-RELATIONALE KONZEPTION DES HEALTH CARE STATE